Hagel und Granaten

Ein paar unvollständige, eher unreflektierte und garantiert emotional aufgeladene Gedanken zum Anschlag auf ein Flüchtlingsheim in Baden-Württemberg.


 

„Politik reagiert mit Entsetzen.“ Das ist angesichts des vergangenen Jahres, mit einer inzwischen vierstelligen Zahl an zum Teil gewalttätigen Angriffen oder Anschlagsversuchen auf Asylbewerber, Flüchtlinge und deren Unterkünfte, nicht nur unglaubwürdig. Sondern auch zu wenig!

Wenn De Maizière jetzt sagt, dass es „bei Gewalt“ eine klare Grenze in Deutschland gebe, und zwar „sowohl von als auch gegen Asylbewerber“, dann ist das für mich eine Relativierung. Und zwar nicht in einem einordnenden, Zusammenhänge herstellenden Sinn, sondern in einem hundertprozentigen Dickhead-Sinn. Das ist einfach nicht die notwendige Ansage. Und es verharmlost die Sache an sich:

Wenn in Deutschland jemand mit einer echten Handgranate beworfen wird, dann sprengt das – haha – meine Vorstellungskraft. Eine Handgranate ist nicht „quasi eine militärische Waffe” (Kretschmann). Es IST eine militärische Waffe. Die in ihrem Wirkungskreis möglichst viel irreparablen menschlichen Schaden verursachen, die töten soll. Die Staatsanwaltschaft ist momentan der Ansicht, dass das Vorhandensein eines Zünders ausschlaggebend für die Bewertung dieser Tat ist. Juristisch nachvollziehbar. Aber wer eine mit Sprengstoff gefüllte Handgranate auf 170 Asylbewerber wirft, viele davon Frauen und Kinder, ausnahmslos alle davon Zivilisten, dem unterstelle ich persönlich schon so etwas wie eine – und wenn auch nur klitzekleine, insgeheime – Tötungsabsicht.

In jedem Fall, ob die Granate nun explodieren sollte oder nicht: Was dort erreicht werden sollte erfüllt jede Definition von Terrorismus. Nicht islamistischer Terrorismus, nee. Nur den guten deutschen old-school-Terrorismus: in Weimar geübt, später ordentlich perfektioniert, eine Weile zwangspausiert, und ab dann regelmäßig ausgepackt, wenn die Politik nicht so wollte wie man selbst und/oder der Rechtsstaat gerade anderweitig beschäftigt war.

Das heißt jetzt nicht, dass ich sinnlosen und unseriösen Aktionismus sehen möchte. Aber seriöse Aufklärung durch Polizei und Justiz, durch den Rechtsstaat eben, mit der viel zitierten „ganzen Härte“, wobei mir schon die einfache, normale Härte völlig ausreicht.

Und eine seriöse Auseinandersetzung der Politik mit einer Gesellschaft, die offensichtlich an ihren Rändern in Extreme ausfranst. Menschen, die auf andere Menschen Handgranaten werfen oder – wie kürzlich in Karlsruhe – Schüsse abgeben, sind dem demokratischen Spektrum abhandengekommen. Manche Leute glauben, dass sie den Worten anderer eigene Taten folgen lassen müssen. Diese anderen, offen rechte Parteipolitiker, weniger offen rechte Parteipolitiker, Medienschaffende, Facebook-Krieger …, tragen mit Schuld an der Radikalisierung unserer Gesellschaft. Sie suggerieren eine Bedrohung des Staates, durch Ausländer, Fremde, Terroristen, und schaffen damit die Grundlage für eine reale Bedrohung des Staates. Durch Deutsche, die Terroristen werden.